Alles begann, als 2004 die Gemeinde von Salar ein naheliegendes Gelände erworben hat, um darauf eine Kläranlage zu bauen. Nachdem die obere Erdschicht entfernt wurde, kamen römische Mosaiken zum Vorschein. In der Anfangsphase wurde der Entdeckung keine große Bedeutung beigemessen, die römischen Überreste sind auf der iberischen Halbinsel keine Seltenheit und so wurden die entdeckten Mosaiken stark durch den Einsatz von Baggern beschädigt. Doch bald wurde es klar, dass es sich um eine herausragende Entdeckung handelt.
Zentrale Mosaik, die in der Anfangsphase der Ausgrabungsarbeiten stark beschädigt wurde, stellt ein geozentrisches System des Universums dar.
Es musste mehr als ein Jahrzehnt unter den administrativen Verwicklungen vergehen, bis ein Abkommen mit der archäologischen Fakultät der Universität Granada geschlossen wurde. Da die kleine Gemeinde von Salar keine kostspieligen und umfangreichen Ausgrabungsarbeiten finanzieren kann, schreiten sie nur langsam voran, bis jetzt sind vermutlich etwa Zehntel des Ganzen freigelegt. Einmal im Jahr, im August kommen die Studenten von der Uni Granada, um an dem Ausgrabungsort ihr unbezahltes Praktikum zu leisten. Eine gute Nachricht gibt es jedoch. Neulich wurde die archäologische Fundstätte als geschütztes Kulturgut in das Register vom historischen Erbe Spaniens eingetragen. Das garantiert zumindest gewissen legalen Schutz.
die Beherrscherin des Salzwassers Salacia
Bei der Entdeckung handelt es sich um eine römische Villa, also ein Landhaus. Es wurde zwar im 1. Jahrhundert n. Chr. erbaut, aber seine Blütezeit erlebte es erst im 3.-4. Jahrhundert n.Chr. Das war die Zeit, als der Adel, von der zentralisierten Staatsmacht verfolgt auf das Land flüchtete und dort infolge des längeren Aufenthaltes seine Paläste errichtete. Das soll auch der Fall von dem Landhaus von Salar sein. Die entdeckten Mosaiken werden um das 4. Jh. datiert. Die Bautechniken und die Motive der Mosaiken lassen darauf schließen, dass die Handwerker und möglicherweise auch der Besitzer aus den afrikanischen Provinzen des römischen Reiches stammten, bzw. dort einige Zeit verbracht hatten.
Das Haus wurde an einer Thermalquelle gebaut und der Göttin des Salzwassers Salacia gewidmet. In der römischen Mythologie gilt Salacia auch als die Gefährtin von Neptun. Vor dem Eingang wurde eine Grotte gebaut, in der die Statuen der Nymphen aufgestellt wurden. Drei Skulpturen wurden bei den Ausgrabungsarbeiten geborgen, zwei davon werden zurzeit im archäologischen Museum von Granada aufbewahrt und eine Venus, die relativ gut erhalten ist, wird im Rathaus von Salar ausgestellt. Es ist nicht auszuschließen, dass der Wasserquelle sowohl sakrale wie auch heilende Wirkung zugesprochen wurde. Denn in der Nähe der Grotte befand sich auch die Therme, wovon auch die archäologischen Funde zeugen.
An dieser Stelle möchte ich der Fantasie freien Lauf lassen. Lassen Sie uns ein üppiges Festgelage ausmalen. Wir befinden uns im Hauptsaal, der in der Nähe der Grotte und der Thermen liegt. Der Boden ist mit feiner Mosaik ausgelegt, die das geozentrische System des Universums darstellt. Wie Wände sind mit Fresken bemalt.
Nun kommt die Dienerschaft in den Saal, sie bringen alle erdenklichen Köstlichkeiten rein. Heute haben sich hier ausschließlich die Feinschmecker der Oberschicht versammelt, also soll es an exotischen Speisen nicht fehlen: Austern, gegrillte Flamingozungen und Gebärmutter von Jungsauen, Stachelschwein aus Nordafrika stehen auf dem Speiseplan, dazu wird Gurum gereicht, eine fermentierte Fischsoße aus Almuñecar, die zum Würzen gebraucht wird. Etwas gewöhnlicher für unseren Gaumen wären schon Schwein, Wildschwein und Hühnerfleisch. Auswahl an Obst ist vor der Ankunft der Araber auf die Iberische Halbinsel noch nicht so groß: Weintrauben, Kirschen, Birnen, Pflaumen hat der Gastgeber zu bieten. Die Dienerschaft selber bekommt nur einen Brei aus Dinkelmehl mit rohem oder gekochtem Gemüse, im besten Fall Rindfleisch, denn die Oberschicht rümpft sich davor die Nase, da das Rind als Arbeitstier gilt und sein Fleisch sehr zäh ist.
Die Gerichte sind auf hölzernen Tellern angerichtet, die wie ein Schiff oder wie ein Vogel geschnitzt sind. Die Diener lassen diese Teller in den Wasserkanal runter, der sich in der unmittelbaren Nähe der Klinen, den römischen Speisesofas, befindet, sodass sich die Gäste an den an Ihnen vorbeifließenden Speisen selbst bedienen können. Man isst und trinkt fast im Liegen. Während man sich mit dem linken Arm abstürzt, bleibt der rechte Arm frei, um nach Speisen und Trank zu greifen. Als Getränke wird hauptsächlich der Wein gereicht, manchmal ist er mit Wasser bzw. mit Honig verdünnt, aber wie dem auch sei, versetzt er die Gäste in eine lockere und fröhliche Stimmung.
Im 6.-7. Jahrhundert hat das römische Reich unter den barbarischen Überfällen zu leiden. Es kommt allmählich zum kulturellen und wirtschaftlichen Verfall. Die Eliten verarmen. Ob nun die Verbreitung des Christentums oder das Versiegen der Quelle dafür verantwortlich war, wurde die Villa um diese Zeit von den Eliten verlassen. Der Garten ist ausgedörrt und das Anliegen wurde von der ärmeren Bevölkerung in Besitz genommen. Nach einem Brand wurde die Villa endgültig von ihren Einwohnern verlassen und dem Verfall ausgesetzt, bis der ausgeuferte Fluss Salar sie unter Schlamm bis zum heutigen Tag vergraben hat.
Die Fotos sind während eines Besuchs im Juni 2021 entstanden.
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